von Saskia Biehler
Beim Neujahrskonzert der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz herrschte ein ungewöhnlich hoher Facettenreichtum. Gleich zum Auftakt gab es den „Tanz der Furien“ aus Christoph W. Glucks Oper „Orphée et Euridice“. Mit Pauken und Trompeten preschte das Orchester ungewohnt stürmisch in das neue Jahr. Joseph Hellmesbergers „Danse diabolique“ war nicht unbedingt weniger düster. Doch Johann Strauss’ „Kaiser-Walzer“ ist dafür eine Kehrtwende zu den erwartbaren
Klassikern der Neujahrskonzerte. Das Programm ist wohl fast so eine Achterbahnfahrt der Gefühle wie die vergangene Saison für die Musiker. Dramen um die Intendanz und drohende finanzielle Kürzungen standen fast schon auf der Tagesordnung.
Die musikalischen Turbulenzen sind viel erfreulicher. Unter der Leitung von Chefdirigent Gabriel Venzago kommt keine Langeweile auf. So wie er seine Musiker voller Entschlossenheit durch das Jahr 2023 gelotst hat, so kämpferisch gibt er sich auf der Bühne, reißt auch das Publikum mit. Statt sich wie gewohnt auf sanfte Klassiker der Operettenwelt zu verlassen, wird Franz Liszts „Mephisto-Walzer“ auf die Bühne gebracht. Venzago zelebriert gerne die düsteren Seiten der Musik. „Ohne das Diabolische wäre Kunst und Musik ja langweilig“, wie Venzago anmerkt. Gleichzeitig hat der 33-Jährige einen unheimlichen Schalk im Nacken, wie nicht nur in seiner Moderation zu Tage tritt. So wird in Leroy Andersons „Sandpaper
Ballet“ schon einmal ein Schmirgelpapier- Solo vorgetragen. Bei dem „Giuditta-Walzer“ des Operettenkönigs Franz Lehár animiert er das Publikum zum Mitsingen. „Im Gegensatz zu den Konstanzern haben Sie die Musik ja bereits in Ihrem Stadtnamen“, neckt er.
Beim krönenden Abschied mit dem Neujahrsklassiker – Jacques Offenbachs Ouvertüre aus „Orphée aux enfers“ – können die Zuhörer sich kaum noch halten. Enthusiastisch wird unter Anleitung des Maestros zum Takt geklatscht.
Als es als dritte Zugabe den „Radetzky-Marsch“ für die Besucher gibt, steht auch die letzte Reihe.
Quelle: Südkurier
Von der Hölle bis nach New York (Südkurier)
Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz beeindruckt beim Neujahrskonzert in Singener Stadthalle mit großer musikalischer Vielfalt