Von Manuela Fuchs
Mit dieser Frau ist nicht zu spaßen, wenn sie sich etwas vornimmt, sollte ihr besser niemand in die Quere kommen. Lady Philea Fogg wettet mit den Mitgliedern eines Londoner Clubs um 20.000 Pfund, dass sie es schafft, die Welt in 80 Tagen einmal zu umrunden und pünktlich am 21. Dezember zum Nachmittagstee wieder zurück im Club zu sein. Keine leichte Aufgabe im Jahr 1872, da man nicht einfach in ein Flugzeug einsteigen kann. Als Transportmittel stehen die Eisenbahn, Schiffe und, wenn nötig, ein Ballon oder ein Elefantenrücken zur Verfügung.
Jules Vernes Klassiker „In 80 Tagen um die Welt“ kommt im modernen Gewand daher. Die Bühnenausstattung ist minimalistisch und kreativ zugleich. Sie beschränkt sich auf einen überdimensionalen beleuchteten Globus und zwei Metallkonstruktionen, die je nach Bedarf als Heißluftballon, als Schiff oder als Eisenbahn dienen.
Zwischen den einzelnen Reisestationen staunen die Besucher der Stadthalle über die beeindruckenden, artistischen Leistungen von Daniela Maier. Ihre Körperbeherrschung, die ihr erlaubt, ihre Gliedmaßen auf schlangenhafte Art zu verbiegen, lässt die Zuschauer begeistert applaudieren.
Überhaupt sind Körpersprache, Gestik und Mimik der Schauspieler wichtige Stilmittel, um die Geschichte lebendig werden zu lassen. Die passende Geräuschkulisse ergänzt das heitere Spiel der talentierten Darsteller. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass die Darsteller des Öfteren akustisch nur schwer zu verstehen sind, während die Musik etwas gedämpfter sein könnte.
Wovon das Publikum nie genug bekommen kann, ist Humor – und der kommt bei dieser Aufführung nicht zu kurz. Wenn Lady Philea Fogg, dargestellt von Anja Neukamm, ihren Hang zum Perfektionismus auslebt, dann hat Passepartout nicht viel zu lachen, das amüsierte Publikum dafür umso mehr.
Das Leben der abenteuerlustigen Dame ist minutiös durchgetaktet, was bei dieser Reise allerdings von höchster Wichtigkeit ist, will sie doch schließlich die Wette gewinnen. Leider taktet sie nicht nur ihr eigenes Leben präzise durch, sondern auch den Alltag ihres Dieners, was diesen immer wieder zur Verzweiflung bringt.
Erschwerend kommt dazu, dass die Reisenden von Inspector Fix von Scotland Yard verfolgt werden, der in Lady Philea Fogg eine gesuchte Bankräuberin sieht. Die Übergänge zwischen damals und heute fließen nahtlos ins Spiel ein, wenn beispielsweise vom Schienenersatzverkehr die Rede ist und vom Gaspreisdeckel, wenn Lady Philea Fogg und Passepartout sich über den Raubtierkapitalismus und Brexit-Spezialisten auslassen oder die Zuschauer erfahren, dass das frühere Bombay heute Mumbai heißt.
Als die mutige Lady und ihre Begleiter schließlich in London ankommen, sieht es anfangs so aus, als hätten sie die Wette knapp verloren, da sie aber in Richtung Osten gereist sind, haben sie einen vollen Tag dazugewonnen und Philea Fogg erscheint in letzter Minute in dem Club in London, den sie vor exakt 80 Tagen verlassen hatte. Den Wettlauf gegen die Zeit hat sie also tatsächlich gewonnen.