Genörgelt wird in Saarländer Platt

Südkurier: Gerd Dudenhöffer mit Soloprogramm in der Gems: Er steht als Heinz und Hilde Becker auf der Bühne

Von Thomas Güntert

Eine Bühne für Dauergenörgel: Das Singener Kulturzentrum Gems präsentierte jüngst Gerd Dudenhöffer mit seinem neuen Soloprogramm Mo so, Mo so. Weil er mit einem 40 Tonner Sattelschlepper gekommen war und entsprechendes Inventar dabei hatte, fand die Veranstaltung nicht im eigenen Kulturzentrum, sondern nebenan in der Stadthalle statt. Unter den rund 700 Besuchern waren auch einige Saarländer, die wieder einmal den heimischen Dialekt hören wollten. Seit rund 40 Jahren tritt Dudenhöffer in Mundart als Heinz Becker auf und produzierte von 1992 bis 2004 über 40 Folgen der Comedy-Fernsehserie Familie Heinz Becker, in der er auch das Familienoberhaupt spielte.

 

Bei seinem neusten Programm schlüpfte er erstmals auch in die Rolle der Hilde Becker. Pünktlich um 20 Uhr wurden im Saal die Eingangstüren verschlossen und der rote Vorhang ging auf. Dudenhöffer alias Heinz Becker kam mit kariertem Hemd, Hosenträger und Batschkapp auf die Bühne und setzte sich in den grell angestrahlten Stuhl, von dem er sich fortan nicht mehr wegbewegte. Als saarländischer Dauernörgler und Besserwisser ließ er sich mit einem besonderen Scheuklappenblick über Gesellschaft, Politik und Kultur aus. Er beklagte sich, dass man sich heute nicht mehr ausdrücken darf wie früher, als ihm seine Mutter Zehn kleine Negerlein als Einschlaflied vorgesungen hatte. Mittlerweile werde er in der Wirtschaft schon schräg angeguckt, wenn er mal ein Zigeunerschnitzel essen oder beim Bäcker einen Mohrenkopf kaufen will.

Der Rentner betonte, dass er jeden Dienstag ins Fitnessstudio gehe und fügte trocken hinzu, dass es dann geschlossen hat. Er äußerte sich auch kritisch zu den Gastwirtschaften, die wegen Fachkräftemangels auch die halbe Woche zu hätten. „Arbeit wird dieses Jahr vermutlich das Unwort des Jahres“, sagte Becker, der Finanzminister Christian Lindner auch als heutiger Räuber Hotzenplotz betitelte. Auf unterhaltsame Weise vermittelte Dudenhöffer mit sparsamer, aber dennoch sehr eindrucksvoller Mimik, was viele Menschen im Land bewegt. Nach dem 45-minütigen Monolog verabschiedete er sich in die Pause, die er allerdings in der Garderobe verbringen musste. Nach einer halben Stunde dröhnten Hubschrauberpropeller durch die Halle und Hilde Becker wurde angekündigt.

Mit einem lauten Knall erschien Dudenhöffer zwischen zwei Funkensprühern mit Perücke, Mantel, Hut und Handtasche als Hilde Becker. Bei ihrem Auftritt bekam ihr Mann Heinz sein Fett weg. Obwohl sie ihn als nicht den hellsten Stern am Himmel bezeichnete, vermittelte sie dem Publikum, dass sie und ihr Heinz eigentlich nicht miteinander, aber auch nicht ohne einander können. Bereits nach 20 Minuten verabschiedete sich Hilde Becker allerdings wieder vom Publikum. Dabei lief die Ballade „Du“ von Peter Maffay: „Du bist alles, was ich habe auf der Welt, Du bist alles, was ich will, Du, du allein kannst mich versteh‘n, Du, du darfst nie mehr von mir geh‘n.“ Dann kam sie nochmals vor den Vorhang und verschwand dann wie die Queen Elisabeth mit einem kurzen Knicks und der Handtasche am Arm endgültig hinter dem Vorhang. Einige Besucher, die einen langen Anreiseweg hatten, schüttelten den Kopf nach der kurzen Vorstellung, die mit 45 Euro auch nicht ganz günstig war. Andere im Publikum waren wiederum begeistert von seinen von Rassismus, Sexismus und Unkenntnis durchtränkten Stammtisch-Parolen, die heute noch so brisant sind wie vor 30 Jahren und zum Nachdenken anregen.

Dudenhöffer, der am 13. Oktober seinen 75. Geburtstag feiern kann, ist in seinem Programm nie in die unterste Schublade abgerutscht wie beispielsweise der junge Fernsehkomiker Luke Mockridge, der zurzeit wegen seiner niveaulosen Unterhaltung in der Kritik steht. Während des gesamten Programms sprang bei Dudenhöffer aber nie ein Funke zum Publikum über, wobei er es auch zu keinem Zeitpunkt versuchte und offensichtlich das Publikum nicht in das Programm einbeziehen wollte. Gerd Dudenhöffer spielte sein Programm von Anfang bis zum Schluss ab wie vom Band.

Zur Person

Gerd Dudenhöffer ist Kabarettist, Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller. Seit 1977 tritt er als Kabarettist auf. Deutschlandweit bekannt wurde er ab 1985 mit seiner Bühnen- und Filmfigur Heinz Becker. 1991 entstand daraus die Fernsehserie „Familie Heinz Becker“. Bis 2004 sind sieben Staffeln mit jeweils sechs Folgen produziert worden. Dudenhöffer hat alle Folgen geschrieben. Der 74-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder.

 

Quelle: Südkurier